Die Pharmaindustrie hält die Multiple Sklerose für gut behandelbar, die schulmedizinische Behandlung erfolgt hauptsächlich medikamentös. Man unterscheidet die Schubtherapie bei akuten Schüben und die verlaufsmodifizierende Therapie, die verhindern soll, dass die entzündlichen Veränderungen fortschreiten und die Entzündungsherde zunehmen, sowie die symptomatische Therapie, die zur Linderung von Symptomen eingesetzt wird. Die Physiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, um die Spastiken besser kontrollieren zu können und die Beweglichkeit möglichst lange aufrecht zu erhalten.
Akute Krankheitsschübe werden kurzfristig mit hohen Dosen Cortison meist intravenös über einige Tage behandelt, um die Entzündungsprozesse zu reduzieren. Manchmal erfolgt auch eine Blutwäsche, um die entzündungsfördernden Stoffe im Blut zu minimieren. Zur Vorbeugung weiterer Schübe erhalten die Patienten langfristig verschiedene antientzündlich oder immununterdrückend wirkende Medikamente, die in das körpereigene Immunsystem eingreifen. Außerdem erhalten die MS-Patienten Medikamente gegen die individuellen Symptome wie Depressionen oder Schmerzen.
Abhängig von der Art der Multiplen Sklerose werden unterschiedliche Medikamente verschrieben, die das Immunsystem hemmen sollen. Dazu zählen Medikamente mit dem Wirkstoff Cortison, sogenannte Interferone und künstlich hergestellte Antikörper wie Natalizumab oder Alemtuzumab, die beide aufgrund von Sicherheitsproblemen beim Einsatz von der Leitlinien-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Neurologie aktuell nicht empfohlen werden. Es werden auch Wirkstoffe aus der Krebstherapie eingesetzt, wie Mitoxantron und Azathiporin. Diese sollen als starke Zellgifte die fehlgesteuerten Immunzellen zerstören, sie haben aber starke Nebenwirkungen.
Die sogenannte Hit-hard-and-early-Strategie, auch Eskalationstherapie genannt, empfiehlt, so schnell wie möglich nach Beginn der Krankheit durch Einsatz starker Medikamente weitere Schübe zu unterdrücken, weil mit einem Schub oft eine Behinderungsprogression einhergeht.
Diese Art der Behandlung führt allerdings nicht zur Heilung, sondern es wird eine Linderung und Verlangsamung der Krankheit angestrebt. Dies soll durch eine Veränderung oder Unterdrückung des Immunsystems erreicht werden. Die eingesetzten Medikamente sind nicht unproblematisch, viele müssen lebenslang eingenommen werden, aber einige dürfen nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden und die möglichen Nebenwirkungen reichen von Kopfschmerzen, Migräne, Übelkeit und Depressionen bis zur krankhaften Verminderung der weißen Blutkörperchen oder einem erhöhten Krebsrisiko. Deshalb sind regelmäßige Laborkontrollen und wiederholte bildgebende Kontrolluntersuchungen des Gehirns notwendig. Wird das Immunsystem unterdrückt, wird der Körper anfällig für andere Krankheiten. Ein Beispiel dafür ist der Coronavirus Covid-19, MS-Patienten müssen besonders darauf achten, sich nicht anzustecken.
Die Standardbehandlung bekämpft also eher die Symptome der Krankheit, nämlich die Fehlreaktion des Immunsystems, das bei Multipler Sklerose übertrieben reagiert und wichtige körpereigene Zellen angreift. Die Ursache der Überreaktion wird dabei nicht beseitigt, deshalb führen die üblichen Medikamente zwar häufig zu einer Besserung der Krankheit, aber nicht zu ihrer Heilung. Das große Problem bei MS ist, dass es nicht eine Ursache, sondern vermutlich viele unterschiedliche Ursachen gibt. Trotz medikamentöser Therapie wird circa ein Drittel der berufstätigen Patienten mit der Zeit berufsunfähig.
In den letzten Jahren hat sich die Forschung darauf konzentriert, vermehrt Medikamente zu entwickeln, die oral eingenommen werden können, zum Beispiel in Form von Tabletten oder Kapseln. Dies bedeutet für die betroffenen Patienten einen deutlichen Fortschritt gegenüber der intravenösen Anwendung herkömmlicher Medikamente.
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