Schubtherapie mit Cortison
Als Cortison oder Kortison wird umgangssprachlich die gesamte Gruppe der Glucocorticoide bezeichnet. Cortison ist die inaktive Form des körpereigenen Hormons Cortisol und wird in den Nebennierenrinden gebildet. Cortison selbst besitzt keinerlei Wirkung, es muss erst metabolisiert werden, um biologisch aktiv zu sein. Es wird in der Leber zu Cortisol umgewandelt, das die eigentliche Wirkung zeigt und der bisher stärkste immunsuppressive Wirkstoff ist.
Cortison und Cortisol gehören zu den körpereigenen Glucocorticoiden, die in viele lebenswichtige Prozesse und Funktionen im menschlichen Körper eingreifen. Vor allem zur Regulierung des Wach-Schlaf-Rhythmus und des Fett- und Kohlehydrat-Stoffwechsels werden die Hormone benötigt. Cortison wird auch als Stresshormon bezeichnet, denn in Stresssituationen wird kurzfristig ebenso wie Adrenalin auch vermehrt Cortison freigesetzt, um die Herzleistung zu erhöhen und Glukose bereit zu stellen, um dadurch den Körper mit ausreichend Energie zu versorgen. Gleichzeitig werden nicht überlebenswichtige Körperprozesse wie die Immunreaktion unterdrückt.
Es gibt inzwischen eine Vielzahl synthetischer Varianten der körpereigenen Glucocorticoide. Sie wirken entzündungshemmend, antiallergisch und immunsuppressiv, aber auch zytostatisch und antiemetisch. Sie werden bei vielen Krankheiten und Beschwerden eingesetzt, sind aber aufgrund der vielfältigen möglichen Nebenwirkungen nicht unumstritten. Die Gabe von Cortisonpräparaten gehört zur Standardtherapie bei Autoimmunerkrankungen oder anderen entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis sowie bei schweren Allergien. Das am häufigsten bei einem akuten MS-Schub verwendete Kortison ist Methylprednisolon.
Akute entzündliche Schübe einer MS werden üblicherweise möglichst zeitnah mit der sogenannten Cortison-Schubtherapie, Stoßtherapie oder Pulstherapie behandelt, das sind hohe Gaben von Glucocorticoiden. Dadurch soll das in diesem Moment überaktive Immunsystem gehemmt werden, sodass die Entzündungen schnell abklingen und damit auch die Symptome verschwinden. Üblicherweise werden die Glucocorticoide an drei bis fünf aufeinanderfolgenden Tagen meist intravenös verabreicht. Bessern sich die Symptome dadurch nicht, werden weitere, noch höhere Cortisongaben verabreicht. Cortisonpräparate sind bei MS nicht zur Langzeittherapie geeignet und sie heilen die Krankheit auch nicht.
Die Wirkung der Cortisongaben bei akuten Schüben beruht auf einer Unterdrückung der für Immunantworten notwendigen Prozesse in den Zellkernen wie die Bildung von Antikörpern und entzündungsfördernden Zytokinen. Außerdem werden Signalwege entzündungsfördernder Botenstoffe blockiert. Ähnliche Wirkungen auf das Immunsystem zeigen auch natürliche Produkte wie Kurkuma, Ingwer, Weihrauch oder Süßholz, es gibt also durchaus Alternativen vor allem bei schwächeren Schüben. Auf keinen Fall sollte eine bestehende Medikation ohne Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin eigenmächtig geändert werden.
Bei einer Allergie gegen bestimmte Corticocoide dürfen diese selbstverständlich nicht gegeben werden. Auch bei einer Reihe von Erkrankungen dürfen Corticocoide nicht verabreicht werden, dies betrifft vor allem starke Erkältungen, ausgeprägte Magen-Darm-Geschwüre, ausgeprägte psychische Störungen oder eine reaktivierbare Tuberkulose.
Es ist bekannt, dass Glucocorticoide schwere und auch langanhaltende Nebenwirkungen verursachen können, deshalb sollten sie nur vorübergehend verabreicht werden. Die längerfristige Einnahme von Cortisonpräparaten sind die häufigste Ursache für Osteoporose bei Menschen unter 50 Jahren. Die Erhöhung des Blutzuckers fördert das Entstehen von Diabetes. Auch nach Absetzen der Medikamente sind diese Nebenwirkungen nicht wieder rückgängig zu machen.
Weitere mögliche Nebenwirkungen sind eine Nebenniereninsuffizienz, das sogenannte Vollmondgesicht, Stiernacken, Gesichtsrötung, Muskelschwäche, Magen-Darm-Geschwüre, Nierensteine oder die Pergamenthaut. Cortison erhöht aber auch den Blutdruck und den Cholesterinspiegel, behindert die Wundheilung und macht anfällig für Infekte. Auch psychische Störungen wie Depressionen und Wachstumsstörungen bei Kindern können auftreten. Weitere Reaktionen sind Magenbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen, Unruhe und Schlafstörungen, ein erhöhtes Thrombose-Risiko und die Erhöhung des Risikos, einen epileptischen Anfall zu erleiden.
Cortisonpräparate gibt es deshalb inzwischen in Form von Tabletten, Salben, Cremes, Sprays, Spritzen und Infusionen. Je nach Beschwerde ist ein anderes Präparat geeignet, lokale Anwendungen verhindern, dass die Präparate ins Blut gelangen und starke Nebenwirkungen auftreten. Am besten werden Cortisonpräparate am frühen Morgen vertragen, da auch die körpereigenen Hormone morgens freigesetzt werden.
Da die Medikamente unter anderem den Blutzucker erhöhen und die Salzausscheidung hemmen, sollten betroffene Patienten möglichst wenig Zucker und Salz zu sich nehmen. Bewegung ist wichtig, um dem Muskelabbau entgegenzuwirken, eine Darmsanierung nach Absetzen der Medikamente ist angeraten.
Nur kurzfristig oder streng lokal angewendete Cortisonpräparate sind in der Regel gut verträglich. Wenn dennoch Nebenwirkungen wie starkes Unwohlsein, Magenprobleme, Herzrasen oder Schlafstörungen auftreten, wird empfohlen, unverzüglich Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin zu halten.
Die synthetischen Gluccocortikoide unterdrücken die körpereigene Produktion von Cortison, deshalb dürfen sie nicht schlagartig abgesetzt werden, denn sonst entsteht ein gefährlicher akuter Mangelzustand. Die Entzugserscheinungen reichen von Durchfall, schlechterem Sehvermögen, Ausschlag und starken Schmerzen bis zum Wiederaufflammen der Entzündungen und Kreislaufversagen.
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