L-Lysin ist eine essentielle Aminosäure, das heißt, dass der Körper sie nicht selber herstellen kann und sie deshalb über die Nahrung aufgenommen werden muss. Aminosäuren sind Bestandteile der Proteine, Lysin ist am Zellaufbau, am Knochenwachstum sowie an der Zellteilung und Wundheilung beteiligt, stärkt das Immunsystem und die Muskulatur und ist wichtig für die Produktion von Hormonen, Antikörpern sowie Enzymen. Bei künstlicher Ernährung über Infusionen oder Sonden ist Lysin ein unverzichtbarer Bestandteil. Es wird wegen der L-förmigen Struktur L-Lysin genannt.
In Lebensmitteln ist Lysin vor allem in tierischen Proteinquellen wie Fleisch, Fisch, Eiern und Käse enthalten, es gibt aber auch pflanzliche Quellen wie Hülsenfrüchte, zum Beispiel Linsen oder Sojabohnen, Erdnüsse, Weizenkeime und Leinsamen. In Nüssen und Getreide ist Lysin ebenfalls enthalten, allerdings nur in geringen Mengen. Ein Lysin-Mangel kann vor allem bei Vegetariern oder Veganern auftreten und äußert sich unter anderem durch schwache Knochen, trockene und spröde Haut und brüchige Haare.
Der Körper benötigt ungefähr 3,8 g Lysin täglich. Dieser Bedarf kann problemlos über eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden. Sportler und Kinder in der Wachstumsphase können einen höheren Bedarf haben, der möglicherweise nicht mehr über die Nahrung gedeckt wird. Auch bei Osteoporose kann der Lysinbedarf erhöht sein, da Lysin benötigt wird, um die Calciumeinlagerung in den Knochenzellen anzuregen und den Abbauprozess aufzuhalten.
Ein bekannter Einsatzbereich von Lysin ist die Vorbeugung von Fieberbläschen und anderen Herpesinfektionen sowie weiteren Virusinfektionen, die übliche Dosis liegt dann bei ungefähr 1.000 mg pro Tag. Als Gegenspieler von L-Arginin setzt L-Lysin die wachstumsfördernde Wirkung von L-Arginin auf Herpesviren deutlich herab. L-Arginin wird auch für die Replikation anderer Viren benötigt, daher hat L-Lysin einen antiviralen Effekt.
Als Antagonist von Arginin kann Lysin dessen Aufnahme in die Zellen hemmen. Arginin liegt dann frei im Plasma vor und kann dadurch sehr schnell in den Botenstoff Stickstoffmonoxid umgewandelt werden. Dies wiederum ist entscheidend für die Herz-Kreislauf-Gesundheit, Gedächtnisleistung und Konzentrationsfähigkeit sowie die Abwehr von Bakterien, Viren, Parasiten sowie Tumorzellen.
Ein hoher Lysingehalt im Körper kann Angstgefühle vermindern, da Lysin auch an der Produktion von Serotonin beteiligt ist, dem sogenannten Glückshormon. Die regelmäßige Einnahme der Aminosäuren L-Lysin und L-Arginin hemmt zudem die Produktion des Stresshormons Cortisol. Außerdem kann aus Lysin im Körper das vitaminähnliche L-Carnitin produziert werden, das den Energiestoffwechsel und die Fettverbrennung beeinflusst.
Da Lysin Strukturproteine wie Elastin und Kollagen für Haut, Haare, Knochen und Muskelzellen bildet, wird es gerne für ein gesundes Erscheinungsbild von Haut und Haaren sowie zusammen mit L-Arginin zum Erhalt von Muskelmasse und Muskelkraft im Alter eingenommen. Es ist ebenso ein wichtiger Bestandteil der Gefäßwände, kann diese stärken und zudem Arteriosklerose verhindern, also die Ablagerung von Plaques aus Fett und Kalk an den Innenwänden der Arterien. Lysin repariert und glättet beschädigte Gefäßinnenwände und hilft bei der Beseitigung bereits bestehender Ablagerungen. Dadurch sinkt das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Auch die Auflösung von Kollagen kann Lysin verhindern. Dies betrifft nicht nur das Bindegewebe, sondern auch die Ausbreitung von Entzündungen, Allergien oder Tumorzellen. Sogenannte Kollagenasen, Enzyme, die das Kollagen punktuell auflösen, ermöglichen den Durchtritt von Eizellen oder Monozyten durch ansonsten festes Gewebe. Auch Krebszellen sondern biochemische Enzyme ab, um sich im Gewebe ausbreiten zu können.
Ein Präparat aus vier Aminosäuren, nämlich L-Glutaminsäure, L-Lysin, L-Alanin und L-Tyrosin in zufälliger Reihenfolge reduziert die Anzahl der Krankheitsschübe bei Multipler Sklerose um circa 30 %. Glatirameracetat ist eine Alternative zum Wirkstoff Interferon-beta, muss aber ebenfalls gespritzt werden. Die darin enthaltenen Aminosäuren bilden eine Struktur, wie sie ähnlich in Gehirn und Rückenmark vorkommt und die immunmodulatorisch wirkt. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Hautreaktionen an der Injektionsstelle.
Lysin kann als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden, dabei liegt die empfohlene Dosierung bei 500 mg bis 3 g pro Tag. Reines Lysin zur Nahrungsergänzung wird in einem Fermentierungsprozess industriell hergestellt. Es hat eine leicht blutverdünnende Wirkung und bei regelmäßiger starker Überdosierung kann es zu Nierenfunktionsstörungen, Blutgerinnungsstörungen und Blutzuckerschwankungen kommen. Daher sollten Lysinpräparate nicht unkontrolliert eingenommen werden. Für Schwangere ist die Supplementierung mit L-Lysin nicht empfohlen.
Schmerzmittel wie Ibuprofen enthalten Lysin um die Wirkung zu unterstützen. Bei zusätzlicher Lysin-Supplementierung wirken diese Medikamente deutlich schneller.
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